Mit Genehmigung der jüdischen Gemeinde
wurde daneben im August 1870 ein Kriegerfriedhof für die im Lazarett
verstorbenen Verwundeten angelegt, zumal der christliche Friedhof (am Stadtrand
gelegen) wegen des geplanten Baus der Nordbahn nicht mehr
erweiterungsfähig war. Als dieser dann geschlossen wurde, wurde westlich
des Judenfriedhofs der neue christliche Friedhof angelegt, der schon um 1885
erweitert werden mußte. Die jüdische Kultusgemeinde gestattete nun,
daß der allgemeine Friedhof den jüdischen Begräbnisplatz auf
allen Seiten umschließen dürfe, nur müsse letzterer gegen Osten
erweiterungsfähig bleiben.
Am 10. November 1938, der Reichspogromnacht, und auch später fand keine
Demolierung der Grabsteine auf dem Judenfriedhof statt, denn daran hätten
sich die Besucher des christlichen Friedhofs wohl aus verschiedenen Motiven
gestört. Trotzdem wollte die damalige Stadtverwaltung den Friedhof
beseitigen lassen. Man verhandelte mit einer "Abwicklungsstelle für
jüdische Vermögen". Diese wollte Grabsteine des Friedhofs an die
Stadtverwaltung oder an Interessenten verkaufen. Die Verschlechterung der
Kriegslage ließ diese Verhandlung nicht zu einem Ergebnis kommen,
weswegen der Friedhof bis in die heutige Zeit erhalten blieb und noch benutzt
wird.
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Die Verfolgung der Juden begann schon vor der
Reichspogromnacht, die im November 1938 stattfand. 1933 hatten SA-Abteilungen
die zeitweilige Schließung von jüdischen Geschäften erzwungen.
An beiden großen Kaufhäusern in Kaiserslautern, dem Schweriner und
dem Wohlwert wurden die Fensterscheiben zertrümmert. In der
Eisenbahnstraße zogen SA-Posten mit Schildern "Kauft nicht bei
Juden" vor die jüdischen Geschäfte. Es lag in Kaiserslautern
bereits 1933 ein gedrucktes Verzeichnis der in Kaiserslautern ansässigen
"nichtarischen" Geschäfte, Ärzte und Rechtsanwälte vor
(180 Namen). Wegen angeblicher Sabotage dieser "Boykottbewegung"
wurde der der bayrischen Volkspartei angehörende Oberstudienrat Michael
Beinzer denunziert, da er mit seinen Schülern die Zigarrenfabrik
Felsenthal in Kaiserslautern besichtigt hatte.
1940 wurden in der nach dem Gauleitern Bürkel und Wagner benannten
Aktion, 49 Juden aus Kaiserslautern nach Gurs (Pyrenäen) deportiert, von
denen nur 18 das Jahr 1945 erlebten. Die anderen starben oder wurden in Gurs
oder Auschwitz oder in anderen Vernichtungslagern ermordet. In Kaiserslautern
waren 49 Personen für die Abschiebung vorgesehen. Nachweislich wurden 45
(eventuell auch 46) Menschen aus Kaiserslautern verschleppt: 22 (23) Frauen im
Alter zwischen 28 und 79 Jahren, 15 Männer im Alter von 37 bis 85 Jahren
und 8 Kinder zwischen einem Jahr und 11 Jahren. Das 16 Monate alte Mädchen
Ruth Herze war die Jüngste, Ältester der 85-jährige Medizinalrat
Dr. Moritz Kühn. Eine 17-jährige, die für die Deportation
vorgesehen war, wurde noch Tags zuvor gewarnt, konnte flüchten und sich
verstecken. Viele Lauterer Juden hatten damals schon nicht mehr in ihren alten
Wohnungen gelebt, sondern waren in ghettoartige Häuser eingewiesen worden,
so in der Gaustr. 3, Steinstr. 30, Klosterstr. 21 und 26.
Die Deportationen vom 22. Oktober 1940
Am Morgen des 22. Oktober 1940 erschienen Polizeibeamte in den Wohnungen der
meisten der noch hier lebenden Juden und eröffneten ihnen, daß sie
binnen zweier Stunden zum Abtransport reisebereit sein müßten. Noch
am gleichen Tag begann für die Festgenommenen eine entbehrungsreiche, vier
Tage und drei Nächte dauernde Fahrt ins Ungewisse. Am Rande der
Pyrenäen wurden die Deportierten auf Lastwagen "verladen" und in
das in der Nähe gelegene Lager Gurs gebracht. Dieses Lager, das 1939
für und durch Flüchtlinge des spanischen Bürgerkrieges errichtet
worden war, war auf die Ankunft der über 6000 Menschen aus Baden, der
Pfalz und dem Saarland nicht vorbereitet. Tausende von in Frankreich und
Belgien Internierten lebten seit Beginn des Jahres 1940 bereits in Gurs, unter
ihnen auch viele Pfälzer, die zwischen 1933 und 1939 in diesen
Ländern ein Exil gesucht hatten. Unterbringung und Verpflegung waren
katastrophal, so daß viele der überwiegend älteren
Lagerinsassen bald in Folge dieser Bedingungen und mangelnder ärztlicher
Versorgung sterben mußten. Von den Lauterern starb als erster Adolf Stern
am 18. November 1940. Dr. Moritz Kühn starb sechs Wochen nach der
Deportation in Gurs. Wenige Tage später wurde auch die 7-jährige
Hannelore Herze zu Grabe getragen. Fünf der aus Kaiserslautern
Verschleppten fanden 1941/42 in Gurs den Tod: Flora Bender, Jakob Herze, Alex
Preis, Gustav Simon und Regine Stern, die Witwe Adolf Sterns. In Noe starben
1943 weitere Lauterer: der 77-jährige Leopold Roelen und innerhalb vier
Wochen die Eheleute Hugo und Johanna Herze. In den weiteren Lagern sind damals
Olga Schwarz, Ida Blum, Sarah Schwarzschild und Adolf Hanau gestorben. |
Grabsteininschriften auf dem jüdischen Friedhof
Elf der 1940 aus Kaiserslautern deportierten Juden wurden im Sommer 1942
zusammen mit vielen Tausenden über das Lager Drancy bei Paris in den
Osten, vor allem nach Auschwitz, verschleppt. Außer Luise Schwarzschild
und ihren beiden Töchtern Hannelore und Margot
hat wohl keiner der betroffenen Lauterer die Gaskammern der Konzentrationslager
überlebt: Willi Bender, Else Hene, Emil Hene, Ernst Heimann, Richard
Kohlmann, Else Kohlmann, Maria Kühn, Hermine (Sarah) Lacher, Betty Weis
und Richard Schwarzschild.
Ein weiteres Beispiel ist Dr. Robert Tuteur. Etwa 50 jüdische
Männer wurden am Nachmittag des 10. November 1938, begleitet von einer
johlenden Menge, in das Gebäude des Roten Kreuzes (Augustastraße
ehemaliges Haus der Sanitätskolonne) gebracht. Sie mußten hier
übernachten und wurden dann über Ludwigshafen in das
Konzentrationslager Dachau eingeliefert. Angesichts der menschenunwürdigen
Behandlung in Dachau hat sich dort am 1.12.1938 der Kaiserslauterer Dr. Tuteur
das Leben genommen.
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