Einleitung
Widerstand
und Naziterror
· "Rassische" Verfolgung
und "Euthanasie"
Konzentrations-
lager und Zwangsarbeit
Literatur
Personen
Orte
|
Nach der Machtübernahme der Nazionalsozialisten lebten noch 738
jüdische Bürger in Kaiserslautern; trotz des Zuzugs von weiteren 24
im Laufe des nächsten Jahres fiel die jüdische Einwohnerzahl bis
April 1934 auf 657 und bis April 1938 weiter auf 432; im
Oktober 1939 lebten dann schließlich nur noch 95 jüdische
Mitbürger in der Stadt und am 1. April 1942 noch 27.
|
jüdische Einwohnerzahlen
|
Bereits am 13. März 1933 wurden bei einer Reihe von Geschäften
Kaiserslauterer Juden die Schaufensterscheiben eingeschlagen und die Auslagen
zum großen Teil auf die Strasse geworfen so u. a. bei Wohlwert, Erwege und Schweriner; Polizisten mußten die herumliegenden Waren
bewachen. Für den jüdischen Studienrat Ostermayer
war dies Grund, unverzüglich nach Frankreich zu emigrieren. Am 15.
März wurde der jüdische Inhaber der Zigarren- und
Rauchwarenfabrik Felsenthal unter Vorwürfen in Steuerangelegenheiten
festgenommen und zwei Tage später der jüdische Rechtsanwalt Paul Tuteur ;
beide wurden in das KZ Neustadt geschleppt. Felsenthal wurde 1938
praktisch enteignet; nach der "Arisierung" wurde die Fabrik in der
Barbarossastr. 3 kurze Zeit in Felsenthal & Co. Nachf. umbenannt und
hieß dann Kautz & Schondelmaier KG. Nach Kriegsende wurde der
ausgewanderte rechtmäßige Inhaber wieder an der Firma beteiligt und
sie erhielt ihren ursprünglichen Namen zurück.
|
Erster Judenpogrom in Kaiserslautern März 1933
|
Am 1. April 1933 wurde auch in Kaiserslautern, nach entsprechender
propagandistischer Vorbereitung durch die faschistischen Zeitungen, ein sog.
Judenboykott durchgeführt, indem SA-Posten vor jüdischen
Geschäften aufzogen und potentielle Kunden vor dem Betreten abgeschreckt
werden sollten. Der Verlag der faschistischen "NSZ-Rheinfront"
druckte zu dieser Zeit ein "Verzeichnis der nichtarischen Geschäfte
in Kaiserslautern" das Namen und Anschriften von 124 Geschäften, 6
ärzten und 8 Rechtanwälten enthielt. 1935 wurde der
jüdische Viehhändler
Eugen Forst
aus Kaiserslautern "wegen
rasseschänderischen Verhaltens" verhaftet und im Dezember der
Lehrer am altsprachlichen Gymnasium
Ludwig Rosenblatt
zwangsweise in den Ruhestand versetzt; er hatte bereits im April 1933
- wie zahlreiche jüdische Beamte besonders in den Bereichen Schule und Justiz -
Berufsverbot erhalten und zog nach seiner Entlassung nach Frankfurt; er ist
später in einem KZ ermordet worden.
|
"Judenboykott"
|
1936 wurden jüdische Kinder aus den Schulen verwiesen und in
separaten jüdischen Volksschulklassen an wenigen Standorten konzentriert;
einer von sechs Standorten in der Pfalz war Kaiserslautern und zwar die
Röhmschule,
wo, in einer jüdischen Sonderklasse 29 Schüler aus Kaiserslautern und
einer aus Hochspeyer unterrichtet wurden. Diese Klasse existierte vom 1.
September 1936 bis zum 10. November 1938, als die jüdischen
Schüler vom faschistischen Mob aus ihrer Klasse gejagt wurden.
|
Die Einrichtung jüdische Sonderklassen
|
Am 28. Oktober 1938 deportierten die Faschisten Juden polnischer
Herkunft, unter ihnen auch einige Angehörige der Kaiserslauterer Familien
Auerbach
und
Schönfeld;
unter anderem diese erste große Massendeportationswelle von insgesamt
etwa 15 bis 17 Tausend polnischer Juden in Deutschland war auslösendes
Moment für das Attentat eines jüdischen Bürgers auf den deutschen
Gesandschaftsrat in Paris, das die Faschisten als Aufhänger für ihr
Judenpogrom vom 9. November 1938 nahmen.
|
Deportation von Jüdinnen und Juden polnischer Herkunft
|
Die jüdische Synagoge im maurisch-byzantinischen Stil an der Luisenstrasse
(heute: Synagogenplatz) wurde bereits kurze Zeit vorher abgerissen: im
August 1938 begannen Bautrupps damit und vollendeten ihr
Zerstörungswerk mit einer Sprengung im Oktober. Hintergrund war die
Planung der Nazis, Kaiserslautern zur Gauhauptstadt auszubauen und den Platz
der Synagoge in der Nähe ihrer Gauleitung in der Fischerstrasse zum Platz
für Massenaufmärsche zu machen; die jüdische Gemeinde wurde
daher im Laufe des Jahres 1938 davon in Kenntnis gesetzt, daß die
Synagoge baulich ein Fremdkörper in der Stadt sei und sie wurde zum
Verkauf für eine geringe Entschädigung, die sie übrigens nie
erhalten hat, gezwungen.
|
Sprengung der Synagoge im Oktober 1938
|
Die Ausschreitungen des Pogroms begannen in Kaiserslautern erst in den
Morgenstunden des 10. November, nachdem, im Anschluß an eine
Feierstunde der NSDAP in den Abendstunden des 9. November, eine zentrale
Anweisung "zu spontanen Aktionen das Volkszorns" in der
Kaiserslauterer Nazi-Zentrale eingetroffen war: SA-Männer aus
Kaiserslautern und den umliegenden Orten, meist in Zivil, begannen in den
Hauptgeschäftsstraßen Kaiserslauterns mit der Zerstörung von
jüdischen Geschäften. Fensterscheiben wurden eingeschlagen, Parolen
an die Wände gemalt, Inneneinrichtungen und Waren verwüstet und auf
die Straße geworfen. Die früheren jüdischen Geschäfte, die
in den letzten Monaten vor dem Popgrom von "Volksgenossen"
gekauft worden waren, waren gut bekannt: sie wurden bei den Zerstörungen
verschont. Den Kerngruppen schloß sich ein aufgestachelter Mob an, der
auch in Kaiserslautern als Beweis für eine spontane Reaktion den Volkes
herhalten mußte. Im Laufe des Tages wurden an den Geschäften Posten
aufgestellt, die Plünderungen verhindern sollten.
Die Wohnungen und Praxisräume von Juden wurden nicht nur in der
Innenstadt, sondern auch in den Randbezirken gestürmt, die
Inneneinrichtungen zertrümmert, Geschirr, Bücher, Musikinstrumente
und Betten wurden kaputtgeschlagen bzw. auf die Straße geworfen. Auch
ärmere jüdische Familien wurden von der Zerstörungswut nicht
verschont. Zentraler Ort für die Naziübergriffe war in Kaiserslautern
allerdings die Eisenbahnstrasse;
Erich Lüth,
damals Werbebeleiter eines Industrieunternehmens, erreichte auf einer
Geschäftsfahrt von Kaiserslautern aus in den frühen Morgenstunden des
10. November 1933 die Reichshauptstadt:
|
die sog. "Reichskristallnacht" in Kaiserslautern
|
"Auf allen D-Zug-Stationen stiegen Augenzeugen des Pogroms hinzu. Alle
hatten die nämlichen Ausschreitungen erlebt, den Feuerschein der
brennenden Gotteshäuser am Himmel gesehen und die Spuren der
Verwüstung jüdischer Privathäuser, Wohnungen, Kaufhäuser,
Einzelhandelsgeschäfte und Büros wahrgenommen. ... Die Taxe, die mich
mit meinem Gepäck von der Wohnung zum Bahnhof brachte, bog aus der
Pirmasenser Straße von Kaiserslautern in die frühere
Eisenbahnstraße ein, die in jenen Jahren zeitweilig
Adolf-Hitler-Straße hieß. Es herrschte noch tiefe Dunkelheit.
Plötzlich begann der Asphalt im Licht der Straßenlaternen zu
glitzern, als sei der Fahrdamm von Wasser oder von einer Schicht Quecksilber
überschwemmt. Es war weder Wasser noch Quecksilber. Es war Glas: eine
knöcheltiefe Schicht zersplitterten Spiegelglases. Die Splitter begannen
unter dem mahlenden Druck der Autoreifen zu klirren und zu scheppern. Wir
passierten die Schaufensterfront eines großen jüdischen Kaufhauses.
Die Fenster waren blind geworden, die Schaufenster ausgehöhlt. Um die
Kleidung der Modepuppen aber raufte sich der Mob. Man entkleidete die Puppen.
Frauen und Männer, darunter auch Jugend, rissen Anzüge,
Pelzmäntel, Kleiderstoffe, Gardinen, Hemden, Blusen und Röcke an
sich. Alles vollzog sich, nachdem die Scheiben einmal zerborsten waren, in
einer unheimlichen Geräuschlosigkeit. Wer genug geraubt hatte, suchte mit
seiner Beute zu entweichen und huschte durch die dunkleren Seitenstraßen
davon. Der Abgrund der Hölle hatte sich aufgetan. Die Wächter der
Unterwelt aber, uniformierte Polizeibeamte, standen am Rande des gläsernen
Sees im Schatten der Hauseingänge, offenbar auf nichts anderes bedacht,
als ungesehen zu bleiben. Sie griffen nicht ein. Vielleicht hielten sie sich
bereit, im Falle des Ausbrechens einer Feuersbrunst in den geplünderten
Läden die Feuerwehr zu alarmieren. Nicht um zu helfen, sondern um ein
übergreifen des Feuers auf nicht jüdischen Besitz einzudämmen,
denn nur zu bald stellte es sich heraus, daß angesichts der in
erschütternder Einsamkeit brennenden Synagogen kein Feueralarm gegeben
wurde."
|
Augenzeugenbericht "Reichskristallnacht" in Kaiserslautern
|
Unter den geplünderten Wohnungen in Kaiserslautern waren u. a. die der
jüdischen Bürger
Elbert,
Tuteur,
Ziegelstein
und
Else Hene;
so wurden aus Ziegelsteins Wohnung u. a.
mehrere Ballen Stoff gestohlen und die alte und kranke Else Hene unter
Vorspiegelung von Hilfeleistung um ihre Textilien in drei Koffern
Reisegepäck beraubt. Einige der Plünderer wurden tatsächlich
gestellt und festgenommen; so gab einer der Plünderer, der aus der Wohnung
des Rechtsanwalts Tuteur einen Photoapparat und ein Fernglas gestohlen hatte,
bei der Vernehmung an, er habe gedacht, "auch das Wegnehmen von
Gegenständen wäre während der Aktion gegen die Juden
stillschweigend geduldet...". Zu den zerstörten Geschäften
gehörte auch das Wäschegeschäft Wollheim von
Isidor Cohn,
aus dem Waren auf die Strasse geworfen worden waren; ein Festgenommener, der
sich etliche Kartons mit Hemden "mitgenommen" hatte, gab beim
Verhör an, "geglaubt zu haben, er dürfe sich auch etwas
nehmen, nachdem jetzt doch alles zusammengeschlagen werde". Diese
Außerungen zeigen, wie heruntergekommen das Rechtsbewußtsein
großer Teile der Bevölkerung zu diesem Zeitpunkt schon war. Keiner
der festgenommenen Plünderer befand sich lange in Haft, Anklage wurde
gegen keinen erhoben, da der Staatsanwalt beim Landgericht Kaiserslautern der
Ansicht war: "Aus subjektiven Gründen dürfte das
Verbrechen...zu verneinen sein. Die Zerstörung jüdischer
Geschäfte und Wohnungen ist bekanntlich unter solchen Umständen
erfolgt, daß man Teilnehmern und Zuschauern die Kenntnis von dem
strafbaren Zweck des Zusammenrottens nicht ohne weiteres wird beweisen
können... Denn nach der in anderen Fällen gewonnenen Erfahrung
glaubten die Teilnehmer, die Aktion sei mindestens geduldet und deshalb nicht
strafbar."
|
Diebstähle und Plünderungen
|
Nach staatsanwaltschaftlichen Erhebungen in Kaiserslautern wurden von elf
jüdischen Geschäften zehn vollständig und von 160 jüdischen
Wohnungen etwa 110 völlig oder erheblich zerstört. Von den
jüdischen Geschäften blieb nur die Lederwarenfabrik
L. Tuteur,
von leichten Beschädigungen abgesehen, erhalten und die mit der Verwaltung des
jüdischen Geschäftsund Privatvermögens betraute Kreisleitung der
NSDAP bezifferte den Gesamtschaden auf über 1 Mio. RM. Etwa 50
jüdische Männer aus Kaiserslautern wurden in den Nachmittagsstunden
des 10. November 1938 von einer johlenden Menge zum Rotkreuzhaus in der
Augustastrasse geführt, mußten dort übernachten und kamen am
folgenden Tag nach Ludwigshafen, von wo aus sie mit dem Zug in das KZ Dachau
eingeliefert wurden. Unter ihnen war auch der Rechtsanwalt
Dr. Tuteur,
der sich angesichts der menschenunwürdigen Behandlung und extremen
Bedingungen dort am 1. Dezember das Leben nahm. Der Arzt
Dr. Kurt Basch
wurde aufgrund einer Eingabe seiner Frau, die auf seine Verdienste im Ersten
Weltkrieg hingewiesen hatte, im Dezember entlassen; auch
Emil Hene
aus der Gaustrasse 3 kam am l0. und
Richard Schwarzschild
aus der Steinstrasse 30 am 29. Dezember nach Kaiserslautern zurück.
|
Transport ins KZ Dachau
|
Charakteristisch für die Verknüpfung politischer und
"rassischer" Verfolgung durch die Faschisten ist das Schicksal
der Familie Wertheimer: Der sozialdemokratische Zigarrenfabrikant
Karl Wertheimer
kam, zusammen mit seinem Sohn
Franz,
schon kurz nach der Machtübernahme der Nazis in sog. Schutzhaft in
Kaiserslautern und im KZ Neustadt. Das Mobiliar der Familie Karl Wertheimer in
der Ottostrasse wurde in der Pogromnacht aus dem Fenster geworfen; Karl, der in
einer sog. Mischehe lebte, kehrte später in die Wohnung zurück, wurde
dort 1944 ausgebombt und konnte den Faschismus in der Nähe von
Kaiserslautern überleben. Sein Sohn Franz erhielt, nach ihrer gemeinsamen
Entlassung aus dem Neustädter KZ, Stadtverbot, zog nach Saarbrücken
und wechselte in der Folgezeit häufig seinen Wohnsitz; auch seine Wohnung
in Kaiserslautern wurde in der Reichspogronnacht völlig zerstört.
Unter falschem Namen lebte Franz schließlich in Köln, schloß
sich einer Widerstandsgruppe an und ging nach Thüringen. 1944
folgte er einer amtlichen Aufforderung, sich bei der Meldebehörde zu
melden und wurde prompt in ein KZ in Norddeutschland eingeliefert, wo er
1945 von den US-Streitkräften befreit wurde. Nach 1945 kam
er wieder nach Kaiserslautern.
Kurt,
der andere Sohn von Karl, hatte Berufsverbot erhalten; die Familien
Gustav und Emil Wertheimer
sind nach Südafrika ausgewandert. Die Wohnung und Praxis von
Dr. Julius Wertheimer,
einem bekannten Armenarzt, wurden in der Pogromnacht aufgebrochen und
Wertheimer selbst brutal mißhandelt; eine johlende Menge trieb ihn unter
Schmährufen zum Polizeipräsidium, wo sich ein demütigendes
Verhör anschloß, während dessen ihm von einem Nazi ein schwerer
Aschenbecher ins Gesicht geschlagen wurde. Um weiteren Quälereien zu
entgehen nahm er eine überdosis Veronal, die er bei sich trug und starb an
den Folgen am 12. November im städtischen Krankenhaus. Um
Gerüchten vorzubeugen, sein Tod sei unmittelbare Folge von
Mißhandlungen, ließen Oberstaatsanwaltschaft und Gestapo seinen
Leichnam obduzieren und am Gerichtswmedizinischen Institut der Universität
Würzburg untersuchen. Sein Vermögen wurde eingezogen und für
seine geistig behinderte Tochter
Bertha
aus der Denisstrasse 16 ein Vormund bestellt; sie gehörte zu den
Kaiserslauterer Opfern der Deportation vom Oktober 1940 und wurde wenige
Tage später in Chelm im Rahmen der sog. Euthanasie vergast.
|
Exemplarisch: Die Naziverbrechen an der Familie Wertheimer
|
In Kaiserslautern wurde der Pogrom am 10. November 1938 mit einer
"spontan"(!) veranstalteten "Gedenk- und
Gelöbnisstunde" zum Abschluß gebracht. Außer dem
SA-Oberführer Sommer sprach der NSDAP-Kreisleiter
Knissel.
Er ordnete den Tag des Pogroms bereits in die weitere Entwicklung ein:
"Jede Maßnahme gegen das Weltjudentum, die zur Liquidierung des
Judenproblems führt, wird willkommen sein." Außerdem wurde
das eigentliche Ziel des Pogroms deutlich, nämlich die Auswanderung der
Juden zu beschleunigen und sich die jüdischen Vermögenswerte
anzueignen: Wenn diese Juden uns "so rasch als möglich verlassen
ist uns das äußerst lieb."
Etwa 250 Juden verließen denn auch zwischen 1938 und 1940
Kaiserslautern.
|
sage keine/r er/sie habe von nichts gewußt
|
Neben dem harten SA-Kern war ein Teil der Kaiserslauterner Bevölkerung
mehr oder weniger aktiv an den antijüdischen Ausschreitungen vom
November 1938 beteiligt; ob und wieviele BürgerInnen in diesen
Tagen den Mut gefunden haben, dem Pogrom entgegenzutreten, ist nicht bekannt.
Nachgewiesen ist, daß die Kaiserslauterer Kunstmalerin
Maria Herbig
in zwei Schreiben am 10. und 11. November an die Reichskulturkammer gegen
die antijüdischen Maßnahmen protestiert hat und daraufhin am 23.
November auf Veranlassung der Berliner Gestapo "wegen Verstoß
gegen das Heimtückegesetz" verhaftet wurde. Das Verfahren gegen
sie vor dem Sondergericht in Kaiserslautern wurde am 15. Juni 1939 wegen
Unzurechnungsfähigkeit eingestellt.
|
Maria Herbig: eine einzelne Stimme gegen den Pogrom
|
Wegen Beziehungen zur jüdischen Familie Hohmann und zum "Verein
zur Abwehr des Antisemitismus in Kaiserslautern" wurden 1938
Dr. Hermann Kampmann
und der sozialdemokratische Leiter dieses Vereins
Dr. Herbert Buhl
von der Gestapo verfolgt; Buhl wurde auch allgemein "politische
Unzuverlässigkeit" vorgeworfen. Neben der oben schon
erwähnten Kaiserslauterner Fa. Felsenthal & Co. wurde 1938 auch
die
Tabakfabrik Gebr. Mayer
"arisiert", d.h. unter Androhung von
außerökonomischem Zwang weit unter Wert verkauft; nachdem noch im
gleichen Jahr der jüdische Besitzer nach Holland auswandern konnte, wurde
die Firma - nach ihrem neuen Inhaber - in Fa. Johann Balthasar Noll unbenannt.
Gauwirtschaftsberater
Bösing
gründete eine sog. Auffanggesellschaft für jüdische
Vermögenswerte, um den starken Andrang von
"Arisierungs"-Interessenten steuern zu können. Im Laufe
des Jahres 1939 wurden die Kaiserslauterner Juden
größtenteils in sog. Judenhäusern ghettoisiert; von den am
22. 0ktober 1940 insgesamt 49 nach Gurs in Südfrankreich
deportierten jüdischen Mitbürgerinnen lebten zu diesem Zeitpunkt
allein 38 in Judenhäusern in der Steinstrasse 30(17), der Gaustrasse 3(13)
und der Klosterstrasse 21 und 26(8).
|
"Arisierung", Ghettoisierung, Deportation
|
Von den 49
deportierten Kaiserslauterer Juden
sind insgesamt mindestens 17 aufgrund der verheerenden Lebensbedingungen im
Lager Gurs am Fuß der Pyrenäen oder in anderen Lagern in Frankreich
in die sie von dort verschleppt wurden, gestorben; dies waren aus der
Steinstrasse 30 Adolf Hanau, Alex Preis, Jakob Schlachter und Sara
Schwarzschild, aus der Gaustrasse 3 Ida Blum, Jakob und Hannelore Herze,
Leopold Roelen sowie Adolf und Regine Stern aus der Klosterstrasse 21, Flora
Bender sowie Hugo und Johanna Herze, aus der Klosterstrasse 26 Gustav Simon,
Dr.Moses Kühn aus dem Benzinoring 4 , Olga Schwarz aus der damaligen
Adolf-Hitler-Strasse 16 und Hedwig Geismann aus Schmied 4.
|
deportiert ins französische Lager Gurs
|
10 weitere
Deportationsopfer aus Kaiserslautern
wurden von den Faschisten im Sommer 1942 nach Auschwitz verschleppt und
dort ermordet: Außer den schon genannten Richard Schwarzschild aus der
Steinstrasse 30, Emil Hene aus der Gaustrasse 3, die bereits 1938 einige
Wochen im KZ Dachau verbringen mußten und Emil Henes Frau Else waren dies
Bernhard und Else Kohlmann, Ernst Heimann und Betty Preis aus der Steinstrasse
30, Willi Bender aus der Klosterstrasse 21, Sara Lacher aus der Gerberstrasse 2
und Maria Kühn aus dem Benzinoring 4. Diese insgesamt 28 überlebten
den Terror der Deportation nicht. Noch während des Krieges - im Februar
1942 - gelang es Klara Strass aus der Gaustrasse 3 in die USA auszuwandern,
wo sie 1958 starb; Paula Gutmann aus der Klosterstrasse 28 und Klara Hanau aus
der Steinstrasse 30 erlebten die Befreiung in Frankreich und wanderten 1946
bzw. 1947 in die Vereinigte Staaten aus, wo sie 1955 bzw. 1958 verstarben. Ruth
Herze und Karoline Roelen aus der Gaustrasse 3 sowie Sidi Moses aus der
Klosterstrasse 26 überlebten wie auch Hannelore und Margot Schwarzschild
aus der Steinstrasse 30, die in die Schweiz fliehen konnten und dort auch nach
dem Krieg blieben. überlebt und in Frankreich geblieben sind Amalie Moses
aus der Klosterstrasse 26 sowie Katharina, Doris und Hans Schlachter aus der
Steinstrasse 30. Lydia und Hedwig Herzog aus der Gaustrasse 3 haben
überlebt und sind nach Deutschland zurückgekehrt aber nur 4 der 49
Deportierten kehrten nach Kaiserslautern zurück. Rosalie Fröhlich aus
Schmied 4, die 1957 hier verstarb, Berta Werle aus der Turmstrasse 2, die 1953
verstarb, Klaus Schlachter und Luise Schwarzschild aus der Steinstrasse 30. Das
Schicksal von Toni Lejmann aus dem Benzinoring 4, Liselotte Schlachter aus der
Fröbelstrasse 16 und Malchen Krämer aus der Lutrianstrasse 16 ist
unbekannt.
|
deportiert nach Auschwitz
|
Auf dem jüdischen Friedhof Kaiserslauterns, Am Kahlenberg als Teil des
christlichen Friedhofs, wurden bereits im Sommer 1928 über 30
Grabsteine umgeworfen. Heute weisen zahlreiche Grabsteine auf das Schicksal von
Deportationsopfern hin. 1980 ist der Platz der ehemaligen Synagoge in
Synagogenplatz umbenannt und ein Gedenkstein dort errichtet worden.
|
jüdischer Friedhof
|
|