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Rundbrief 1/2000
Februar 2000
Artikel 1

Versuch einer Chronik

über die Forderung, auf dem Synagogenplatz in Kaiserslautern eine Namens- und Gedenktafel zu errichten.
"In Westdeutschland, einschließlich Berlin, ist nicht etwa eine Gedenkstätte entstanden, weil eine Regierung auf die Idee gekommen wäre, das müssen wir jetzt machen. Sie sind entstanden aus Initiativen, aus Bürgerinitiativen, die sie den Landesregierungen, den Stadtregierungen, der Bundesregierung abgetrotzt haben",

Dr. Nachama ehem. Geschäftsführender Direktor der "Stiftung Topographie des Terrors" in Berlin, heute Vorsitzender der jüdischen Kultusgemeinde Berlin.



1990   überreichten Bernhard Gerlach und Roland Paul dem Oberbürgermeister eine Liste mit 144 Namen (mittlerweile umfasst die Liste über 170 Namen), die sie aufgrund fast 10-jähriger Recherche zusammengetragen hatten. Es sind die Namen Kaiserslauterer Bürgerinnen und Bürger, die aufgrund ihres jüdischen Glaubens oder Herkunft in den Jahren 1933-1945 Opfer der faschistischen Barbarei wurden. Aus diesem Anlass machten sie den Vorschlag, mit einer Erinnerungs- oder Gedenktafel an diese Menschen zu erinnern.

Februar 1991   Die Stadtratsfraktionen befürworten das Anbringen einer Namenstafel an passender Stelle. Der Kulturausschuss dieser Stadt unterstützte das Vorhaben und beschloss, ein Mahnmal zu errichten. Danach geschah jahrelang nichts, bis im

Mai 1995   Der Ortsbeirat Innenstadt Ost auf Anregung der VVN/BdA, in einem Beschluss die Stadt aufforderte, diesen Plan endlich umzusetzen;
die Grünen im Stadtrat dies aufgriffen, den Stadtrat an seine alten Beschlüsse erinnerten und die Errichtung einer Gedenk- und Namenstafel forderten.

November 1995   Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten (VVN/BdA), die seit 1992 jährlich eine Gedenkveranstaltung anlässlich der Reichspogromnacht auf dem Synagogenplatz durchführt, enthüllte eine erste provisorische Mahn- und Gedenktafel mit den Namen der Opfer. In einem Rheinpfalz Artikel bezeichnete der damalige "Kulturdezernent" diese Veranstaltung als "Effekthascherei".

Januar 1996   In einem Zeitungsinterview bekräftigt der Vorsitzende im Ortsbeirat Innenstadt Ost die Forderung des Ortsbeirates nach einer Namenstafel.

März 1996   Eine Gruppe jüdischer Emigrantinnen und Emigranten aus der Pfalz in New York unterstützten bei einem Treffen mit zwei Pfälzer Historikern ebenfalls ein Denkmal mit den Namen aller Opfer aus Kaiserslautern.

".. Der an der New Yorker Universität lehrende Professor Dr. Werner Maas, als 15 Jähriger mit seiner Mutter 1936 aus Kaiserslautern emigriert, zeigte sich sehr erfreut über das Zustandekommen des Treffens. In seiner Ansprache dankte er auch für die Initiative zur Errichtung eines Gedenksteines für die über 170 im Holocaust umgekommenen Kaiserslauterer Juden. Auf dem Denkmal sollten auch die Namen all der in den Tod getriebenen Opfer zu lesen sein, 'damit sie nicht vergessen werden', forderte Maas als Sprecher der aus Kaiserslautern stammenden jüdischen Emigranten in New York."

(Sonntag aktuell 17. März 1996: " 's Pfälzisch in 60 Jahren unvergessen - Zwei Historiker suchen in den USA nach Spuren jüdischer Emigranten aus der Pfalz")

9. November 1996   Die VVN/BdA erneuert die von Witterungseinflüssen zerstörte Namenstafel und die nicht nur von ihr gestellte Forderung, auf diesem Platz eine würdige Erinnerungs- und Gedenktafel zu errichten.

9. November 1997   Gedenkveranstaltung zum 59. Jahrestag der Reichspogromnacht.
Die VVN/BdA initiiert den "Appell gegen das Vergessen" mit über 100 ErstunterzeichnerInnen, die fordern eine Gedenk und Namenstafel bis zum 60 Jahrestag der Reichspogromnacht zu errichten.

Juni 1998   Die Rheinpfalz teilt mit, dass der Kulturausschuss einen Baulichen Hinweis auf die frühere Synagoge empfiehlt, um "Problemen aus dem Weg zu gehen, die sich mit der Namensnennung der Kaiserslauterer Bürger ergeben könnten."

9. November 1998   60. Jahrestag der Reichspogromnacht.
Die VVN/BdA führt erneut eine Gedenkveranstaltung auf dem Synagogenplatz durch. Dabei wurden von den über 150 TeilnehmerInnen 173 Namenstafeln aufgestellt, die an die Kaiserslauterer Opfer des Holocaust erinnerten. Das Vorstandsmitglied der jüdischen Gemeinde Kaiserslautern, Gluitz, der stellvertretende Leiter des Instituts für pfälzische Geschichte, Roland Paul und ein Sprecher der VVN/BdA forderten dabei erneut die Aufstellung einer Namens- und Gedenktafel.

9. November 1999   61. Jahrestag der Reichspogromnacht.
Wiederum findet auf Initiative der VVN/BdA eine Gedenkveranstaltung statt.

Vor über 150 TeilnehmerInnen spricht Roland Paul zur Geschichte der Verfolgung jüdischer MitbürgerInnen in Kaiserslautern. Zum Abschluss seiner Rede sagt er:

"Heute leben noch einige Dutzend Kaiserslauterer Juden im Ausland, in Israel, Südafrika, Südamerika, Frankreich, Schweden, insbesondere in den USA. Mehrere von Ihnen habe ich dort in den letzten 20 Jahren besucht. Einige möchten nie mehr in ihre Heimat zurückkehren. Andere waren wiederholt zu Besuch hier, wie z.B. Werner Maas, Herbert Tuteur und Gerda Kayem. Die meisten warten auf eine Einladung ihrer Heimatstadt, wie dies viele deutsche Städte, Kreise und Gemeinden schon längst getan haben. Die Stadt Kaiserslautern hat diese Einladung bis zum heutigen Tag nicht ausgesprochen. Auch hoffen die überlebenden noch immer auf eine Gedenktafel für die nahezu 200 jüdischen Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und auf eine würdigere Gestaltung dieses Platzes, wo einst die Synagoge stand."

Roland Paul, Herr Gluitz von der jüdischen Gemeinde und ein Sprecher der VVN/BdA bekräftigten nochmals die Forderung nach einer Namens- und Gedenktafel.

Ende November 1999   werden laut Rheinpfalz im Haupt und Finanzausschuss auf Antrag der SPD 40.000 DM für eine "virtuelle" Rekonstruktion der Synagoge beschlossen.

In der gleichen Ausgabe der Rheinpfalz wird ein längerer Leserbrief abgedruckt.
Zwei Leserinnen beklagen den Zustand des Synagogenplatzes ("Mehr Hundekotplatz als Gedenkstätte") und fordern u.a. die Errichtung einer Namens- und Gedenktafel.

Dezember 1999   Die Rheinpfalz zitiert SPD-Chef Schermer:
"Es ist an der Zeit, dass wir mit einem Denkmal am Synagogenplatz ein Signal gegen das Vergessen setzen."

Januar 2000   In einem längeren Artikel in der Rheinpfalz kündigt Roland Paul einen erneuten Vorstoß in Sachen Gedenktafel für ehemalige jüdische Mitbürger an.
"Jetzt werde man diesem Verlangen mehr Nachdruck verleihen, kündigt der stellvertretende Leiter des Instituts für pfälzische Geschichte an."
Er kündigt die Gründung einer Art Bürgerinitiative an, die sich für eine Gedenktafel auf dem Synagogenplatz in der Fischerstrasse einsetzten werde.

Die SPD kündigt laut Rheinpfalz Gespräche an, mit dem Ziel, dass "ein angemessenes Zeichen der Erinnerung auf dem Synagogenplatz gesetzt wird".

Adolf Wimmer, Ortsvorsteher Innenstadt Ost erklärt in der Rheinpfalz, dass er für einen rekonstruierten Torbogen und eine Namenstafel ist. (Dies sei auch die Meinung der CDU-Fraktion.)

Eine Reihe von Leserbriefen in der Rheinpfalz befürworten eine Namens- und Gedenktafel.
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